KoR
„Überzeugende substanzielle Hinweise“ für die Bilanzierung latenter Steuern

„Überzeugende substanzielle Hinweise“ für die Bilanzierung latenter Steuern

Sebastian Boochs

Sebastian Boochs
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Die Aktivierung latenter Steuern auf Verlustvorträge nach IFRS ist seit Jahren umstritten. Um der Vermutung entgegenzutreten, dass bislang nicht geltend gemachten steuerlichen Verlusten auch in Zukunft keine verrechenbaren steuerlichen Gewinne gegenüberstehen, fordert IAS 12 in IAS 12.35, dass für einen Ansatz aktiver latenter Steuern auf steuerliche Verlustvorträge „überzeugende substanzielle Hinweise“ (convincing evidence) auf die Erzielung steuerlicher Gewinne in der Zukunft vorliegen müssen. So knapp, wie die Vorgabe gehalten ist, so unbestimmt ist sie gleichwohl, was in der Praxis regelmäßig zu Anwendungsproblemen führt. Aus diesem Grund überrascht es nicht, dass die DPR seit Beginn der Aufnahme ihrer Enforcementtätigkeit dieses Thema im Fokus hat. In der Literatur erscheint das Auslegungsspektrum dieser Vorgabe in der Vergangenheit sehr heterogen und es stellt sich die Frage, ob sich in den letzten Jahren, nicht zuletzt durch die Diskussionen im Rahmen des Enforcements, eine Angleichung der Auffassungen feststellen lässt. Prof. Dr. Stefan Leukel beleuchtet in seinem Beitrag ab S. 493 die notwendigen Voraussetzungen zum Vorliegen einer Verlusthistorie und diskutiert das Kriterium der convincing evidence. Dabei analysiert er auch den Stand der Literaturmeinung und untersucht, ob sich in den letzten Jahren eine herrschende Auffassung herausgebildet hat.

Die Erfassung von Wertminderungen hat eine wesentliche Rolle bei der Ersetzung des IAS 39 durch IFRS 9 gespielt. Der im neuen Standard enthaltene expected loss approach sieht eine frühzeitigere Erfassung von Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte vor und findet seine Umsetzung mit Hilfe eines dreistufigen Ansatzes. In der Praxis zeigt sich die Zuordnung finanzieller Vermögenswerte zu den einzelnen Stufen als große Fehlerquelle, was nicht zuletzt die Ergebnisse der diesjährigen Enforcementprüfungen in Österreich belegen, wie Dr. David Grünberger und Ulf Kühle in ihrem Beitrag ab S. 525 zeigen. Ursächlich hierfür ist, dass Unternehmen Hinweise auf Wertminderungen zu spät erkennen oder ein Impairment schlicht unterlassen. Worauf Bilanzierende bei der Zuordnung finanzieller Vermögenswerte zu den einzelnen Wertminderungsstufen zu achten haben und wie die damit zusammenhängenden Buchungen aussehen, erläutern Prof. Dr. Alois Paul Knobloch, Felix Krauß und Dr. Katrin Stankau in ihrem Beitrag ab S. 502 mithilfe eines umfangreichen Beispiels.

Zum Abschluss dieses Editorials noch ein Hinweis in eigener Sache: In der letzten Ausgabe der KoR (Heft 10), die zum Anlass des 80. Geburtstags von Prof. Dr. Dr. h.c. Adolf Coenenberg als Themenheft konzipiert war, haben einige seiner akademischen Schüler im Rahmen des Gastkommentars Herrn Coenenberg gratuliert, indem sie u.a. auch auf dessen Vita eingingen. Hierbei ist ihnen bei der Kurzbeschreibung des akademischen Werdegangs ein Fehler unterlaufen, um dessen Berichtigung sie mich im Rahmen dieses Editorials gebeten haben. Im Gegensatz zur Formulierung im Kommentartext war Herr Coenenberg nicht Schüler von Prof. Gutenberg, sondern akademischer Schüler von Prof. Münstermann, der als Erstgutachter auch seine Habilitationsschrift betreute. Die Gratulanten bitten mit dieser Richtigstellung sowohl Herrn Coenenberg als auch möglicherweise verwunderte Leser der KoR um Entschuldigung.

Ich wünsche Ihnen eine hilfreiche Lektüre der Themen dieser Ausgabe.

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